CITY:
Sie haben dieses Mal wieder beim Pacemakers Radmarathon mitgemacht. Was hat Sie
dazu bewegt?
Ruisz:
In erster Linie ging es mir darum, darauf aufmerksam zu machen, dass noch immer
eine große Anzahl Atomwaffen existieren - und zwar auch auf deutschem Boden.
Ich beobachte ein schwindendes Bewußtsein dafür. Viele scheinen zu glauben,
dass das Ende des kalten Krieges gleichbedeutend mit dem Ende dieser
verheerenden Waffensysteme sei. So rutschen diese Waffen wohl auch aus dem
kollektiven Gedächtnis. Und genau dagegen kämpft diese Veranstaltung an!
CITY:
Letztes Jahr hatten Sie mit der Partnerschaftsradtour Pforzheim - Gernika:
Frieden erfahren... auf dieses politische Thema hingewiesen. Wurden Sie von
Mitstreitern der Fahrt begleitet?
Ruisz:
Ja, das war in der Tat der Fall. Zum einen war unser Fahrer des
Begleitfahrzeugs auch hier wieder im Begleitfahrzeug unterwegs. Das war
natürlich eine ständige Versuchung, das Rad ins Begleitfahrzeug zu laden und
mit ihm zu plaudern. Zum anderen hat Andreas Schäfter aus Gernika die Einladung
des Veranstalters angenommen und ist zwei Streckenabschnitte mit insgesamt ca.
150 km mitgefahren. Andreas Schäfter hatte uns ja bei der Organisation der Tour
von Gernika aus ganz erheblich unterstützt und die letztjährige Fahrt in der
Form überhaupt erst möglich gemacht.
Ruisz:
Auch dieses Jahr fuhren wir wieder offiziell 343 km an einem Tag vom Sonnenaufgang
bis zum Sonnenuntergang. Der Start war in Bretten. Schon gleich war es klar,
dass es wieder sehr sportlich zugehen würde. Die ersten Fahrer mußten bereits
am ersten Hügel abreißen lassen. Heilbronn war daher schnell erreicht - und
zwar deutlich vor der Marschtabelle. Nach dem Frühstück ging es weiter in
Richtung Heidelberg. Das Tempo im Feld war immens. Auf der Ebene wurde zwischen
38 und 44 km/h gekurbelt. Vor allen Dingen hinten im Feld war der 150 Fahrer
war es schwierig, nach Engstellen in Baustellen oder nach Kreisverkehren wieder
aufzuschließen. Folglich lagen wir in Mannheim 20 Minuten vor der
Marschtabelle. Ein Teller mit Nudeln und Gemüse brachte uns wieder auf
Vordermann, sodaß es hinter Bad Dürkheim in die Pfälzer Berge gehen konnte, ehe
wir Kaiserslautern wieder vor der Zeit erreichten. In Ramstein hatten wir nach
einer kurzen Ansprache die Möglichkeit, die Gedenkstätte für die Opfer der
Flugtagskatastrophe zu besuchen. Dann ging es wieder hinein in den Pfälzer Wald
über Queidersbach auf das Johanniskreuz. Der lange Anstieg belohnte uns mit
einer wunderbaren Abfahrt bis Neustadt an der Weinstraße, das wir gegen 18 Uhr
nach ca. 275 absolvierten Kilometern erreichten. Von da aus ging es mit immer
noch unvermindert hohem Tempo zurück über Bruchsal nach Bretten. Hier trafen
wir genau um 21 Uhr 01 ein.
CITY:
Und wie haben Sie die Pausen genutzt?
Ruisz:
In Anlehnung an die letztjährige Pforzheim-Gernika-Radtour habe ich wieder zu
Papier und Zeichenkohle gegriffen und in jeder Pause und am Ende der Fahrt eine
Zeichnung angefertigt.
CITY:
Zum Radfahren dazu? Wie können wir uns das vorstellen?
Ruisz:
Jede Pause war ca. 30 Minuten lang. Wenn also die Pause begann, mußte alles
ganz schnell gehen. Wolfgang Strasser hatte das Zeichenmaterial samt
Zeichenbrett und Klammern im Auto und brachte mir die Sachen sofort nach jeder
Ankunft. Andreas Schäfter versorgte mich derweilen mit Getränken und Essen,
füllte meine Trinkflasche nach und bestückte meine Trikottaschen. Ohne ihre
Hilfe wäre diese Aktion nicht möglich gewesen, weil die Zeit doch sehr, sehr
knapp ist. Ich bekam das in Neustadt zu spüren, als ich noch zusätzlich eine
kleine Rede über diese Aktion halten sollte. Dort aß ich dann zu wenig und
hatte daher im Rheintal in Richtung Germersheim ein paar kritische Kilometer zu
überstehen. Andreas Schäfter und die Fahrer des RSC Bretten, die das Fahren im
Peleton organisierten, halfen mir über diesen schwierigen, selbstverschuldeten
Tiefpunkt hinweg.
CITY:
Was soll nun mit den Zeichnungen geschehen?
Ruisz:
Es ist vorgesehen, sie im Oktober, November in Bretten auszustellen. Der Erlös
aus dem Verkauf von Reproduktionen - gedacht ist an Drucke und Grußkarten -
soll der Arbeit der Deutschen Friedensgesellschaft DFG-VK, die diese
Veranstaltung auf so hervorragende Weise organisierten und durchführten, zugute
kommen.
CITY: Vielen Dank für das Interview.
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