22. Januar. Regen. Sturm. Tief Goran ist angekündigt. Also ganz spezielle Voraussetzungen für unsere gemeinsame Aktion "Frieden erfahren..."
Ich hatte mich dafür entschieden, wieder eine Kombination aus Radfahren & Zeichnen zu machen - wie auch schon bei der Städtepartnerschafts-Fahrt 2009 und vielen Teilnahmen beim Pacemaker-Radmarathon.
Vorbereitung war daher vonnöten - und so sah das dann morgen um 9:30 Uhr aus...
Rucksach mit Zeichenblock, Pastellkreiden in den Regenbogen-Farben der Friedesnfahne,
trockene Kleidung zum Wechseln, Smartbar-Riegel, Überschuhe und Helm mit Regenschutz.
Draußen empfing mich dann der Sturm, drückte dann doch sehr auf die Geschwindigkeit. Insgesamt hatte Goran jedoch schon ein paar Flecken trocken geblasen, sodass sich das erwartete Spritzwasser in Grenzen hielt.
Der Sturm hatte viele Zweige abgerissen; Slalomfahren war angesagt. Wintersport eben...
Über Radwege und Nebenstrecken ging es dann in Richtung Karlsruhe, dann über Hagsfeld, Blankenloch hinein in den Wald zum ehemaligen Kfk - Kernforschungszentrum Karlsruhe. Früher hatte ich selbst dort gearbeitet. Dort entstand der erste Forschungsreaktor Deutschlands.
Diesen Ort hatte ich mir ausgesucht, da ich dort bereits für Pace-Maker hier gezeichnet hatte: damals in Kohle. Dieses Mal wollte ich es mit der Farbpalette der Friedensfahne wagen: bei Böen bis 71 km/h, wie der Wetterbericht ankündigte.
Im Eingangsbereich des Kfk - heute KIT Campus Nord - begann ich dann, bei diesen doch sehr speziellen Bedingungen zu zeichnen.
Sehr speziellen Bedingungen an einem sehr speziellen Platz. Nach einer ersten Zeichnung vom Eingangsbereich - dem Motiv einer Kohlezeichnung einige Jahre zuvor - fiel mit dann ein Mammutbaum auf, der für mich sehr gut zum Wetter und zum Anlaß der ganzen Aktion paßt.
Ich kann nicht ermessen, wie viel Stürme, Gegenwind, Regen, Steine, Stöcke von all denen gemeistert wurden, die mit ihrem Engagement letztlich dieses Vertragswerk Wirklichkeit werden ließen. Davon habe ich bei dieser Fahrt einen kleinen Eindruck bekommen.
Und vielleicht war da manchmal auch Rückenwind, glatte, saubere Straßen dabei mit Licht am Horizont und auch ein paar Sonnenstrahlen. Genau wie bei mir heute.
Klar ist mir geworden, dass sich durch ihr Zurücklehnen und Zuhausebleiben sicherlich nichts bewegt hätte. Und manchmal hat die Arbeit der vielen auch Spuren hinterlassen - so, wie die Pigmente an meinen Händen und in der Folge an jedem (noch) sauberen Wäschestück, das ich danach angefaßt habe (inklusive meiner Smartbars)...
Wie es wohl all den anderen gerade geht, die hier bei dieser Aktion mitmachen? Das sollte ich erst später erfahren.
Da sich Goran anschickte, aus den Regenschauern mehr werden zu lassen, mußte dann alles ganz schnell gehen. Sechs Farben galt es irgendwie auf's Papier zu bringen, um dann möglichst schnell zurück auf's Rad zu kommen: bei fallendem Regen und sehr fallenden Temperaturen.
Indigo ist im Regenbogen nicht dabei - dafür in der Wetterfront über dem ehemaligen Forschungszentrum. Da galt es, schnell zu zeichnen, mehr symbolisch. Und so wurde es der oben genannte Mammutbaum, der selbst winzige Zapfen trägt, worin bis zu 250 Samen geschützt versteckt sind.
Und jeder von diesen Samen hat die Chance, so ein mächtiger Baum zu werden.
Das paßt für mich gut auf die Arbeit der vielen, die die Chance, diesen Vertrag Wirklichkeit werden zu lassen, nicht nur gesehen haben, sondern aktiv waren, damit ein solches Zeichen überhaupt heranwachsen konnte.
Dann hieß es: Schnell zusammenpacken, etwas essen, trinken und zurück auf's Rad, auf die Straße, um alles so trocken wie möglich nach Hause zu bringen.
Schließlich wurden es 66 Kilometer anstelle der symbolträchtigern 76 Kilometer, die ich ursprünglich zurücklegen wollte. Warum 76 Kilometer? Ein Kilometer für jedes Jahr, das seit den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki vergangen sind.
Ich war lange Jahre in der Entwicklungszusammenarbeit im Agrarbereich für die EU und die Schweiz tätig: für Lebensmittelsicherheit & Verbraucherschutz sowie T-VET (Berufsschulwesen). Dort habe ich erlebt, wie wichtig es ist, Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten. Damit verhindert man Fluchtursachen und Konflikte.
Wasser ist dabei von besonderer Bedeutung. Der Zugang zu sauberem Wasser ermöglicht Bildung. Wenn Kinder nicht mehr über weite Strecken laufen müssen, haben sie Zeit, in die Schule zu gehen.
Daher verbinde ich meine Aktion mit einer Lifeplus Foundation, die sich seit vielen Jahren dafür einsetzt, ohne das an die Große Glocke zu hängen. Ich habe mir für jeden gefahrenen Kilometer einen Geldbetrag versprochen.
3 Stunden und eine Minute war ich auf dem Rad, teils schwimmend, teils segelnd.
"Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen!"
(Aristoteles)
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